Fiktiver Dialog

Selma Junele: «Ich bin Soziolinguistin und Allgemeine Ökologin mit einem Masterabschluss der Universität Bern.»

Gegenüber: «Hä, Sozio wie noch genau?»

Ich: «Sozio-Linguistin, also Sozio steht für Gesellschaft und Linguistik bedeutet Sprachwissenschaft. Wir Soziolinguist*innen interessieren uns im Gegensatz zu den ‹normalen Linguist*innen› weniger für Sprache als abstraktes System, sondern für Sprache im gesellschaftlichen Kontext. ‹Normale Linguist*innen› interessieren sich zum Beispiel dafür, welche Möglichkeiten es in den Sprachen der Welt gibt, um Kategorien wie Geschlecht oder Mehrzahl auszudrücken. Wir Soziolinguist*innen fragen stattdessen: Fühlen sich Frauen und nicht-binäre Menschen wirklich angesprochen, wenn das generische Maskulinum verwendet wird? Oder wir überlegen, ob es nicht sinnvoller wäre, statt von Klimawandel nur noch von Klimaüberhitzung zu sprechen. Oder wir beschäftigen uns mit dem Zusammenhang von Sprache und Macht…»

Gegenüber: «Ah, okay, verstehe. Und dann bist Du noch Biologin

Ich: «Nein, nicht Biologin, sondern Allgemeine Ökologin. Ein Fach, welches die Universität Bern vor wenigen Jahren aus Kostengründen abgeschafft hat. Während Biolog*innen ein sehr spezifisches Wissen insb. über Pflanzen und die Tiere erworben haben, geht es in der Allgemeinen Ökologie um Umweltthemen generell, und zwar nicht nur aus einer naturwissenschaftlichen Perspektive. Ich verfüge also über wenig Spezialwissen, habe dafür eher den Überblick über Umweltthemen wie Klima oder Biodiversität generell. Es geht in der Allgemeinen Ökologie auch um das Eingeständnis, dass wir, wenn wir die aktuellen ökologischen Krisen bewältigen wollen, verschiedenste wissenschaftliche Disziplinen und auch Praxiswissen zu Hilfe nehmen sollten. Es geht also auch um Umweltpsychologie, um Umweltgeschichte, um Umweltrecht etc.»

Gegenüber: «Und was hat das alles jetzt mit Deiner Arbeit zu tun?»

Ich: «Ich schreibe regelmässig über Konsum- und Umweltthemen.»

Gegenüber: «Ich habe gedacht, Du machst mehr so Marketingzeugs, für kleine Firmen und so.»

Ich: «Ja, solche Sachen mache ich auch. Aber das ist eine andere Geschichte. Und ja, sogar dort kann ich auf abstraktes Uniwissen zurückgreifen. Zum Beispiel wenn es darum geht, eine Website so aufzubauen, dass Nutzer*innen wirklich via Onlineagenda Termine buchen. Denn in der Allgemeinen Ökologie habe ich gelernt, dass die Gestaltung der Umwelt einen grossen Einfluss darauf hat, wie wir uns in derselben bewegen. Ist zum Beispiel eine Strasse schmal und enthält Hindernisse, so werden wir automatisch viel langsamer fahren, als wenn sie dreimal so breit und hindernisfrei ist. Ähnlich verhält es sich mit der Onlineagenda. Wenn diese genutzt werden soll – eine grosse Erleichterung für meine Kundin, die sich keine Bürokraft leisten kann – muss der Webauftritt so gestaltet sein, dass sich die Onlineagenda quasi freundlich aufdrängt: Sie muss sehr gut auffindbar sein, am besten über mehrere Wege, und die Navigation sollte keinesfalls zu viel Ablenkung bieten….»

Gegenüber: «Und dann machst Du noch so Lektoratszeugs? Dass hat jetzt aber wirklich nichts mehr zu tun mit Deiner Ausbildung?»

Ich: «Ja, ich lektoriere auch Publikationen, meist mit Umwelt- oder Konsumbezug. Und gelegentlich auch studentische Arbeiten, Bewerbungsschreiben oder Webtexte. Warum meinst Du, das habe nichts mit meiner Ausbildung zu tun?»

Gegenüber: «Du hast bisher nichts erzählt von Grammatik, Interpunktion und Orthografie.»

Ich: «Ich wollte Dich nicht unnötig langweilen…»